Sonntag, 29. Januar 2012

Kein Recht in Kalk zu sein




Am Samstag mussten wir es uns in Kalk zum dritten Mal innerhalb weniger Monate gefallen lassen, dass Nazis (diesmal waren es wieder die von ProKöln) durch das Veedel marschierten und so taten, als würden sie uns Frieden bringen.


Die Polizei hatte mal wieder unsere Straße abgesperrt, kein Einwohner durfte die Kalker Hauptstraße überqueren, der Polizeihubschrauber kreiste über dem Veedel. Markus Beisich von ProKöln stand vor der Post und wetterte, ProKöln würde sich nicht das Recht auf seine Meinung verbieten lassen. Sein Wutgeschnaube durch eine übersteuerte Mikrofonanlage gipfelte in der Aussage, Linksextreme würden zu verhindern versuchen, dass ProKöln öffentlich reden dürfe. Und überhaupt würden die Linksextremen ständig Unruhe stiften, Häuser besetzen und randalierend und prügelnd durch Kalk ziehen. Nur die Linksextremen seien Schuld daran, dass ProKöln bei einer Demo von der Polizei beschützt werden müsse. In einer Gesellschaft nach den Vorstellungen der ProKölner, könnten sie durch Kalk ziehen und bräuchten nur zwei Verkehrspolizisten als Begleitung.

Zum Glück leben wir in einer Gesellschaft, in der sich ein Veedel immer wieder gegen ProKöln erhebt. Ich finde, das Veedel hat es verdient, in Zukunft von ProKöln verschont zu bleiben. Ich würde sogar soweit gehen, zu sagen, dass der Partei das Recht entzogen werden soll, in Kalk zu demonstrieren. Die Partei sorgt genau für die Dinge, die sie im Viertel angeblich unterbinden will: Sie läuft mit pöbelnden Sprüchen, die für viele Kalker eine extreme Beleidigung sind, durch die Straßen. Sie sorgt für Unruhe und dafür, dass die Anwohner Polizisten ihre Ausweise zeigen müssen, wenn sie zu ihren Häusern wollen. Sie sorgt dafür, dass in Kalk einen halben Tag lang kein Alltagsleben möglich ist. Sie sorgt dafür, dass die Geschäftsleute auf Umsatz verzichten müssen. Und letztlich sorgt sie sogar dafür, dass harmlose Bürger verletzt werden.



So sah es vor dem Autonomen Zentrum aus, das ProKöln unbedingt schließen will, weil es ja in den Vorstellungen der Schwarz-Rot-Gold-Fahnenschwenker, für die Demonstrieren bedeutet, permanent wie das Dreigestirn den Leuten zuzuwinken, angeblich eine Brutstätte für eine Art neue RAF ist oder so.

Ich finde, diese Gegendemonstranten sehen eher sehr friedlich als sehr extrem aus. Einen schwarzen Block stelle ich mir jedenfalls anders vor. Und sie haben auch nichts weiter gemacht, als Anti-Nazi-Parolen zu skandieren und Musik zu machen. Von einer hohen Gewaltbereitschaft habe ich jedenfalls nichts gespürt.

Warum die Polizei trotzdem meinte, Pfefferspray in die Menge zu sprühen, ist mir ein Rätsel. Angeblich hat irgendwer versucht einen Polizeiwagen umzuwerfen (wer soll das bitte schaffen, wenn er nicht der unglaubliche Hulk ist?), ab und an flog mal ein Ei über eine Absperrung. Das war für die Polizei Grund genug, das Spray zu zücken und die Augen von ein paar Jugendlichen so sehr zu reizen, dass sie von Sanitätern mitgenommen werden mussten. Gewaltbereit war von denen, die ich mit tränenden Augen habe abziehen sehen, garantiert keiner. Ähnliches hatte ich schon bei der Kalker Anti-ProKöln-Demo im letzten Jahr beobachtet. Da hat ein Polizist plötzlich mit dem Schlagstock zugehauen, ohne dass er vorher stark provoziert worden wäre. Ich habe jedenfalls keine Provokation sondern nur einen prügelnden Polizisten gesehen.


Ich weiß nicht, warum die Polizei so aggressiv ist. Und ich bin auch einigermaßen entsetzt, dass sie deutlich aggressiver ist, als ich es mir vorgestellt hätte. Aber ich weiß, dass es zu solchen Konflikten mit der Polizei nur kommt, wenn ProKöln im Viertel ist. Der Besuch der Rechten in Kalk sorgt für Unruhe, aggressive Stimmung und für viel Unwohlsein.

Kalk ist ein freundliches Viertel. Es ist ein Viertel, das gerade erblüht. Am Donnerstag hatten wir etwa die Future Shorts auf der neu eröffneten Baustelle Kalk, wo sich viele spannende Leute aller Nationen trafen und ein tolles Fest zusammen feierten. Das ist in Kalk möglich, das macht das Viertel aus, das muss gefördert werden.

Die Nazis stören diese Stimmung und Bemühungen. Sie bringen das nach Kalk, was sie angeblich vertreiben wollen. Und deshalb haben sie kein Recht, hier zu sein. Doch da es ihnen vom Gesetz her leider zusteht, müssen die Kalker jedes Mal auf die Straße gehen, wenn die Nazis kommen. Die Mitglieder von ProKöln müssen spüren, dass sie unerwünscht sind. Und deshalb nützt es leider nichts, sie einmal unbescholten durchs Viertel ziehen zu lassen, in der Hoffnung, dass sie danach nicht mehr wiederkommen.


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