Samstag, 11. Mai 2013

Mehr Emotion wagen!


Ich habe The Broken Circle Breakdown noch ein weiteres mal gesehen und bin jetzt zu 100 Prozent sicher: Der Film ist brillant! Und es verwundert kaum, dass er auf der Berlinale vom Publikum zum besten Film gekürt wurde. Denn die Tränen, die der Film aus den Menschen herauszieht, sind wie ein warmer Regen in der Festival-Dürre aus Understatement-Filmen, die zwar von Gefühlen handeln aber keine Gefühle zeigen wollen. (Tut mir leid, Petzolds Film Barbara gehört auch dazu. Eine tolle Geschichte, eine hoch emotionale Story und eine Inszenierung, die sich für die Emotion zu schämen scheint. Oder sich davor fürchtet.)

Der erste Absatz ist ziemlich theatralisch geraten, wie? Aber das passt zu The Broken Circle (wie der Film in Deutschland heißt), denn die Story rund um ein unglaublich sympathisches belgisches Paar, das eine unglaublich sympathische Tochter hat und auch noch sympathische Musik macht, lässt keine Theatralik aus. Der Trailer des Films macht Lust auf einen Kinobesuch, verschweigt aber alle großen Story-Twists. Es ist klug, nichts über die eigentliche Filmhandlung zu verraten - es könnte abschreckend wirken. Denn jeder, der ein Ticket für den Film kauft, sollte sich klar sein, dass er den traurigsten traurigsten traurigsten Film sehen wird, der je gemacht wurde.

Dass er trotzdem nicht zu melodramatischem Kitsch verkommt, liegt an der Brillanz aller beteiligten Macher. Die Schauspieler sind großartig, der Regisseur fantastisch, das Buch stimmt, die Montage ist raffiniert. Belgien ist hier ein sehnsuchtsvoller Ort mit der Stimmung des Mittleren Westens - ein Ort mit großer Kinomagie untermalt von schwungvollem Bluegrass.

Die Story lässt keine große dramatische Wendung aus und strebt immer nach den großen Gefühlen. Das ist mutig. Denn wer wirklich kompromisslos das große Gefühlskino will, läuft Gefahr, als einfältiger naiver Kitschpapst dazustehen, der mit Gefühlen spielt anstatt sie zu analysieren. Das ist der Grund, weswegen so viele Arthaus-Filme unterkühlt und langweilig wirken - sie sind mutlos.

Dieser Film ist es nicht. Die Filmemacher verstehen es, die Fallen, denen sie sich stellen, mit elegant eingesetzten Erzähltechniken wie Rückblenden, Montagesequenzen und fantastischen Dialogen, auszuweichen. Und haben so einen wunderbar emotionalen und gleichzeitig hochintelligenten Film geschaffen.

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